Übernachten im Wohnmobil auf Stellplätzen und anderswo

Vor Beginn unserer ersten Reise im Wohnmobil war uns klar, dass das Übernachten auf gut ausgerüsteten, aber auch dicht an dicht gepackten Camping- oder Stellplätzen nicht unser Ding sein würde. Zumal mit vier z.T. - vorsichtig ausgedrückt - etwas speziellen Hunden jegliche Menschenansammlungen zu allseitigem Wohlbefinden eher zu meiden wären.

Ich hatte einen offiziellen Stellplatzführer angeschafft und war im letzten Moment vor Abreise noch auf das "France Passion"-Verzeichnis gestoßen, das auch bestellt wurde. Allerdings hatten wir von Anfang an auch vor, häufiger mal wild zu campen, in dem Bewusstsein, dass das in Frankreich mit etwas Glück höchstens geduldet, nicht aber erlaubt sei.

Es stellte sich heraus, dass man noch viel mehr Glück brauchte, um überhaupt für wildes Campen geeignete Stellen zu finden, da in Frankreich ganz viel Land, bevorzugt auch Wälder, auf die wir wegen Sichtschutz zur Zivilisation gehofft hatten, in Privatbesitz sind und entsprechend abgesperrt und gekennzeichnet. Trotzdem ist es uns ein paar Mal gelungen, wirklich tolle Stellen zu finden, deren Ruhe und Abgeschiedenheit wir sehr genossen. Ich musste allerdings als gelernte Orderbefolgerin, erst einmal meine Nerven beruhigen, bevor ich mich des Nachts dann überhaupt entspannen konnte. Irgendwie wartete ich immer auf die Gendarmerie oder einen Förster, der uns weg schicken würde. Passiert ist das bislang nicht :)

Meist trafen wir auf die wilden Stellplätze ganz unvermutet, häufig nach stundenlanger, diesellastiger Suche, das war in der sommerlichen Augusthitze ganz schön ermüdend. Es kam vor, dass die Hunde einfach wirklich dringend raus mussten, wir deshalb an einer Einbuchtung am Straßenrand anhielten, mit der Meute einen (mal nicht privatisierten) Feldweg entlangspazierten und eine Grünabfallhalde, einen Schotterplatz, eine winzige Waldstraße mit einer wie extra für uns zugeschnittenen Parkbucht entdeckten. Auch ein toller Platz direkt an der Loire war dabei, nachdem wir schwitzend (und hin und wieder zumindest innerlich fluchend) einen Tag lang gefahren und allmählich der Verzweiflung nahe waren .

 

Janko brachte in so einer Situation einen echt genialen Satz: "Es lohnt sich immer, nicht aufzugeben und doch weiterzumachen, denn es wartet immer etwas Neues und Schönes drauf, entdeckt zu werden."

Respekt, Junior! (In der Situation hatte ich nämlich tatsächlich überlegt, die ganze Sache als zu belastend für alle Beteiligten abzubrechen. Um wieviel toller war es aber dann nach dieser Strapaze, mit einem geschützten Stellplatz und einer Abkühlung in der Loire belohnt zu werden!)

 

Wild nächtigten wir auch auf einem Parkplatz vor einem mit einer verwitterten Steinmauer eingefassten Friedhof, knapp außerhalb eines Dörfchens, es blieb kaum eine andere Möglichkeit, denn es wurde langsam dämmrig, und bei Dunkelheit kann ich sehstörungsbedingt nicht fahren. Die Dämmerung war also für uns stets eine Art Deadline. Dies ließ uns auch einmal direkt neben einem Kreisverkehr mit Infotafel vor Châteauroux die Nacht verbringen. Ein Glück, dass wir immer noch rechtzeitig eine Möglichkeit fanden! Diese Nächte nahe der Zivilisation waren für mich allerdings immer recht unruhig. - Was, wenn am nächsten Morgen früh eine Beerdigung stattfinden sollte? Was, wenn die Mülleimer auf dem Kreisverkehr frühmorgens geleert werden sollten? - Mit all der Hin- und Herräumerei im Wohnmobil sowie den Hunden brauchen wir immer ziemlich lange, um aufbruchsbereit zu sein. Es ging aber immer alles gut und so ganz allmählich lerne ich, mich zu entspannen, die Kids hatten Bedenken dieser Art wohl gar nicht.

 

Der Stellplatzführer, den wir dabei hatten, brachte uns gleich am zweiten Nachmittag in Saint-Valéry-en-Caux an der Normandieküste in eine etwas prekäre Lage - auf einem offiziellen Stellplatz neben einem Hafenbecken standen dicht an dicht gedrängt französische Wohnmobile, keine Chance (und bei diesem Anblick auch kein Begehr mehr) auf einen Platz. Ich wollte die enge Straße trotzdem durchfahren, dachte noch, ich käme am anderen Ende wieder heraus, was sich als Trugschluss herausstellte, so dass ich - glücklicherweise ohne großartigen Gegenverkehr - meine erste Rückwärtsfahrt von 30 Metern zu absolvieren hatte, ohne Hilfe der Rückfahrkamera, denn die war ja schon auf den ersten 100 km in Belgien verreckt. - Links 30 cm Abstand zu einer Grundstücksmauer, rechts 30 cm zu den abgestellten Wohnmobilen, zwischen denen hier und da braungebrannte, gerne etwas beleibte Campingurlauber auf Campingstühlchen saßen und ihren Urlaub in diesem Augenblicke im lieblichen Schalle unseres Rückfahrmelders zu genießen suchten, bis ich schließlich wenden konnte. Glück im Unglück gehabt dabei, denn als wir wieder auf die breitere Anschlussstraße trafen, warteten  schon mehrere Wohnmobile darauf, in die Enge einfahren zu können - wie die wohl wieder zurückgekommen sein mögen?

Man merke: In der französischen Hauptsaison benötigt man eher Geheimtipps für gute Plätze als einen offiziellen Stellplatzführer, den anscheinend viele haben - wir nächtigten auf einen Tipp meiner Schwester hin in dieser und in der folgenden Nacht auf einem ziemlich weitläufigen und überhaupt nicht überlaufenen Stellplatz in St. Aubin-sur-Mer mit Fischereibetriebsamkeit direkt am Meer.

 

Das "FrancePassion"-Verzeichnis entpuppte sich hingegen als wahre Fundgrube. Man zahlt einen Jahresbeitrag von 29 EUR, um das Verzeichnis zugeschickt zu bekommen und kann dann bei vielen privaten Gastgebern kreuz und quer durch Frankreich mit einem autarken Wohnmobil für eine Nacht kostenlos stehen. Meist sind diese Plätze auf max. 5-6 Wohnmobile begrenzt, also kein Massenbetrieb, und liegen sehr ländlich, beides Punkte, die uns sehr entgegenkamen. Da man sich bei den Besitzern des Platzes kurz an- und abmeldet und häufig in kleinen Hofläden regionale Produkte, oft aus eigener Herstellung, kaufen kann (aber nicht dazu verpflichtet ist), sind diese Plätze zwar nicht unbedingt preiswerter als andere Stellplätze, aber man kommt ein wenig in Kontakt mit Einwohnern und erfährt manches Interesssante über die Region. Wir übernachteten über FrancePassion bereits bei einer Huilerie, die aus alter Familientradition ganz köstliches Wal- und Haselnussöl herstellt, einem weiteren Bauernhof mit Haselnussprodukten, zwei Bisonzuchten, wo wir die beeindruckenden Tiere auf ihren riesigen Ganzjahresweiden beobachten konnten, einem Schmied, dessen Arbeit Janko besonders faszinierte und der menschlich ein wirklich inspirierender Geist war. Bei einem großen Museum für alte technische Geräte, Nähe Azay-le-Rideau, haben wir ebenso übernachtet und die alten Maschinen bestaunt, wie hinter einem kleinen, schhnuckeligen Schloß, Château de Nitray, dessen Außenanlagen wir am nächsten Morgen kurz besichtigen durften. Total toll! Bei einem Winzer haben wir eine stürmische Nacht unter hohen Eichen verbracht und am nächsten Morgen vergnügt mit heruntergeprasselten Eicheln gebastelt, bei einem anderen Winzer kamen wir in dessen Abwesenheit an und haben als erstes einen Waldbrand hinter dem Parkplatz gemeldet und mit Eimerkette beim Löschen geholfen. Eine Nacht auf dem noch etwas verrauchten Parkplatz und zwei Flaschen Rosé aus dem aus dem 10. Jhd. stammenden Cave gab es als Dankeschön für dieses Abenteuer noch dazu.


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Kommentare: 2
  • #1

    Astrid (Freitag, 04 September 2015 10:56)

    wow, Ihr erlebt ja ein echtes Abenteuer!

  • #2

    Nicole (Freitag, 04 September 2015 16:39)

    Die Fotos sind der Wahnsinn und doch auch eine kleine Belohnung für euren (noch) mühsamen Weg! ;-) Aber wie ich euch kenne, werdet ihr das alles meistern. Schöne Grüße an alle, vor allem natürlich an "meine" Rica!!!