Furioses Ende unserer ersten Wohnmobiltour

Wieder zuhauseeee!!! - In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag kamen wir nach 14stündiger Hammerfahrt mit nur zwei Pausen wieder zuhause an. Allerdings ohne unser Wohnmobil, das demnächst durch den Transporteur unserer Versicherung zurücktransportiert wird...

 

Was war geschehen?

 

Samstagsnachmittags brachen wir von "Ramonette" auf, um in gemächlichem Wohnmobiltempo (aber mit dem Vorsatz, richtig "Strecke zu machen") gen Heimat zu fahren. Eine Stippvisite am Mittelmeer sollte noch drin sein und ansonsten verlangte es uns allmählich echt wieder nach unserem Zuhause. Da wir Autobahnen komplett meiden und auf den meist sehr hundekompatiblen FrancePassion-Stellplätzen auf dem Lande übernachten wollten, rechneten wir uns eine ungefähre Rückreisedauer von einer Woche aus.

Nach einem Rundumeinkauf in Couiza und einem gemütlichen letzten Aufenthalt am See von Arques brachen wir sonntagsmorgens auf, um eine tolle Strecke durch die Hügel der Corbières Richtung Narbonne zu fahren ("Cool, Mama, du hast schon mehr als fünf Follower!" ;) ) , dann weiter nach Valras-Plage, wo wir schnell genug vom Meer bekamen, weil an den Stränden, anders als in der Normandie, ein ganzjähriges Hundeverbot herrscht und es ohnehin relativ voll war (die Franzosen hatten gerade Herbstferien). Nix für uns, so sind wir weiter auf unseren Stellplatz bei einem ehemaligen Winzer, der nun aus Altersgründen nur mehr für den Privatverbrauch produziert.  Da man am Hof selber nicht spazieren gehen konnte und uns die Besitzerin des Hofes eindringlich warnte, einfach so durch die Gegend zu laufen, da Jagdsaison sei und jedes Jahr Menschen durch Schüsse verletzt würden, fuhren wir am nächsten Morgen früh ein paar hundert Meter vom Hof runter auf eine einsame Schotterstraße, die wir schon abends entdeckt hatten. Hier konnte man schön mit den Hunden laufen und hinter einer Wegbiegung entdeckten wir unversehens den canal du midi mit interessanten, am Ufer vertäuten Hausbooten. Grünpflanzen, Wäscheleinen, Fahrräder, Grillecke - alles hatte auf den Schiffchen seinen Platz. Nice :) Die Kinder verglichen gleich Komfort und Platzangebot vom Reisen auf dem Wasser mit dem Reisen unter'm Alkoven :)

 

Wir wollen nach unserer Hundetour wohlgelaunt losfahren, kommen aber nur 10 Meter weit, weil mitten im Wendemanöver plötzlich der Schalthebel komplett blockiert. Nix zu machen, ich rufe die Versicherung an und wir warten auf den Pannendienst. Die Laune ist rapide gesunken, ab heute wollten wir eigentlich "Strecke machen"... Damit wird es noch etwas dauern, wie wir im Laufe des Tages feststellen müssen. Der Monsieur von der "Depannage" wiegt bedenklich den Kopf, als er unser altes Möhrchen so querstehen sieht, mit viel Hin und Her des Abschlepphakens schleift er es in halbwegs gerade Richtung, trotzdem dauert es ca. 1,5 Stunden, bis wir auf den Abschleppwagen gezogen und sicher vertäut sind. Die Hunde üben sich vereint im Streßhecheln, beruhigen sich wieder ein bisschen, als wir endlich waagrecht auf dem Abschleppwagen stehen. Die Fahrt geht los, sehr "doucement", wie uns der wortkarge Monsieur versichert, es ist eigentlich ganz entspannt, mal so hoch oben und ansonsten tatenlos durch die Landschaft zu fahren - wäre da nicht der nagende Gedanke, was nun wird mit unserem alten Schätzken. Und was nun wird aus unserer Heimreise...

Wir werden nach Agde geschleppt und in den ziemlich vollgestellten Hof einer Werkstatt im augenscheinlich sehr orientalisch geprägten Industriegebiet gefahren. Unter uns beuteln mehrere gutgelaunte Rottweilermischlinge Altreifen und laufen hin und wieder mal hoch aufgerichtet auf die enge Straße, um den Verkehr zu kontrollieren. Eine ganze Kohorte junger Männer wuselt auf dem Hof umher und unser nicht gerade redseliger Chauffeur bedeutet mir, dass sich bald jemand melden würde,  er ginge jetzt mal essen.

Ach ja, stimmt, es ist schon nach 12 Uhr, Mittagspause in Frankreich, die ist heilig. Etwas später kommt ein anderer Herr mit einer Aluleiter auf unser Fahrerhaus zu und sagt, wir könnten jetzt absteigen. Haha, sehr lustig! - Ich habe noch immer die kernigen Rottweiler im Blick und radebreche ihm zu, dass wir keine Lust hätten, abzusteigen, zumal unsere vier Hunde akrobatisch nicht geübt seien. "Oh lala, quatre chiens..." meint Monsieur kopfschüttelnd und die Leiter wird wieder weggebracht.

Wir stehen noch ein ganzes Weilchen so rum, dann steigt ein weiterer Herr wortlos in den Abschleppwagen und fährt los. Ich stelle fest, dass Reden wohl ganz allgemein in diesem Unternehmen nicht so sehr verbreitet ist, aber da wir uns eh nicht wehren können, lassen wir uns einfach überraschen. Es geht durch ein Wirrwarr an kleinen Sträßchen im Industriegebiet und wir blockieren als nächstes den Bürgersteig gegenüber einer Fiat-Werkstatt - immerhin, die ganze Unternehmung bewegt sich anscheinend nach und nach in die richtige Richtung. Bedauernd wirft der Fahrer einen Blick auf die Werkstatt, dann auf seine Uhr, ein Kleinwagen hält neben uns, er steigt ein und weg sind sie. Wahrscheinlich Mittagessen...

Unsere Hunde bekommen alle erstmal Wasser verabreicht, so gut das in der Enge des schief stehenden Wohnmobils möglich ist. Zum Glück waren wir morgens recht ausgiebig Gassi, aber so allmählich tun sie mir schon etwas leid. Zumindest langweilig wird ihnen aber nicht, denn wie wir von unserer erhöhten Position aus prima sehen können, wacht ein staubiger Schäferhund über den Hof an unserer Seite, so dass man sich angeregt über längere Zeit austauschen kann.

Als gegen 14 Uhr dann die Mittagspause allerseits beendet ist, kommen einer unserer Fahrer mit einem Herrn von der Fiatwerkstatt näher, beide schauen unter's Wohnmobil, beide richten sich wieder auf. "Aha!" denke ich zuversichtlich, "Jetzt wird man uns endlich mitteilen, was los ist und wie es weitergehen wird."

Zu früh gefreut, denn beide sind schon wieder weg, queren, angeregt ins Gespräch vertieft, den Werkstatthof (eine große Beruhigung für mich: Südfranzösische Pannenhelfer KÖNNEN sprechen! Sie tun es aber anscheinend nur mit ausgewählten Personen...)

Da erklimmt, von uns zunächst unbemerkt, unser erster Chauffeur wieder den Depannage-Wagen, wir werden aufmerksam, als wir uns in Bewegung setzen, wieder durch ein Straßengewirr im Industriegebiet gefahren werden und vor dem Büro des Abschleppdienstes abgestellt werden. Unser Fahrer bedeutet mir auszusteigen und meint, da wäre "une dame qui parle allemand".

Schön, das ist hilfreich, ich erfahre auch endlich von ihr, dass irgendwas am Getriebe kaputt sei, aber reparabel, nur in Frankreich viel teurer als in Deutschland und es würde mindestens eine Woche dauern. Hmm, das geht natürlich schlecht, mit den Hunden eine Woche irgendwo ausharren. Ich melde mich wieder bei der Versicherung, die einige Rückfragen hat, bis dann geklärt ist, dass das Wohnmobil dank unseres Schutzbriefs zurücktransportiert werden kann und wir einen Mietwagen bekommen sollen für die Heimreise nach D. Leider stellt sich in den folgenden Telefonaten heraus, dass in weitem Umkreis kein Mietwagen, in den wir alle reinpassen würden, zur Verfügung steht und wir mindestens eine Nacht irgendwo schlafen müssen. Ich frage an, ob wir auf dem Parkplatz der Pannenhilfe, die das WoMo bis zur Abholung lagern würden, schlafen dürften, das geht leider aus versicherungstechnischen Gründen nicht. Ich frage weiter, ob sie uns irgendwo an den Straßenrand stellen können, damit wir die Hunde rauslassen können, dann würden wir einfach dort im Wohnmobil schlafen. Die wirklich sehr rührend um uns besorgte Damequiparleallemand meint, es sei viel zu gefährlich hier, hier wäre ja nachts niemand, sie würden uns dann in eine Straße bringen, wo ein bisschen mehr los sei... Und schwupps, schon werden wir wieder umhergefahren - und landen wieder an der Werkstatt mit den stattlichen Rottweilerbuben. HIER sollen wir übernachten? Eine belebte Straße, keine Möglichkeit, in Ruhe mit den Hunden zu gehen. Ich bedeute dem Fahrer, dass das auf keinen Fall geht, die einsame Straße wäre uns so viel lieber. Sie diskutieren hin und diskutieren her, schließlich werden wir gegen 17.30 Uhr wieder zurückgebracht in die vorherige Straße, dort gibt es ein beruhigend sirrendes Umspannungswerk und die Böschung einer etwas erhöht liegenden Schnellstraße - dazwischen werden wir abgestellt.

Also - nicht dass wir uns falsch verstehen - wir werden samt Abschleppwagen abgestellt, runterlassen könne er uns leider nicht, meint der Fahrer... Nun, mittlerweile sind wir seit gut sechs Stunden in unserem Fahrzeug eingesperrt und eigentlich ist uns nun alles mehr oder weniger egal. Werden wir die Hunde halt der Reihe nach runter- und hochheben, Hauptsache, sie können jetzt endlich mal aus dem Wagen. Mit einem freundlichen und sicherlich gut gemeintem "Bonne soirèe!" verabschiedet sich der Monsieur in seinen wohlverdienten Feierabend.

Mittels eines Feldweges an der Schnellstraßenböschung können wir endlich die Hunde "leeren" und finden es in erster Linie prima, dass sich zunächst mal eine Lösung gefunden hat. Die Hunde finden es auch prima, dass sie, anstatt mit ortsansässigen stattlichen Rüden konfrontiert zu werden, Häschengeruch im ruhigen Feldweg aufstöbern dürfen. Die Mietwagenfrage ist damit jedoch noch nicht geklärt, die Kinder diskutieren und meinen, mit etwas Sinn für's Wesentliche könnten wir uns sicherlich alle in ein pologroßes Auto quetschen - sie wollen nur noch nach Hause, nach diesem Tag kann ich das gut verstehen.

Nach einer schiefestehenden und halbwegs durchwachten Nacht schlage ich das also unserer netten Versicherungsmitarbeiterin vor, sie meinte, das ginge aus versicherungstechnischen Gründen auf keinen Fall, sie würde sich aber direkt nochmal erkundigen, ob vll. überraschend ein passender Wagen reingekommen sei. Ihr Rückruf bestätigt allerdings, was wir schon ahnten ("Wollen Sie zuerst die schlechte Nachricht hören?") - es gibt keinen passenden Wagen für uns in Frankreich. Jedoch hat sie eine wunderbare zweite Nachricht für uns - es könnte ein VW T5 Caravelle aus Stuttgart losgeschickt werden, wir müssten dann aber etwas zuzahlen. Das ist es uns allemale wert - Jakob hatte schon überlegt, dass wir einfach zu Fuß loslaufen könnten und ob wir dann wohl Weihnachten in Deutschland wären.

Wir müssen allerdings noch eine Nacht übernachten, und ich habe keine Ahnung, ob der Abschleppdienst vielleicht seinen Wagen ganz gerne mal wieder zur Verfügung hätte... Ich mache mich also auf den Weg zum Büro, das liegt in Sichtweite, und frage bei der supernetten Damequiparleallemand nach. Diese ist zunächst wirklich total erleichtert, dass wir die Nacht gut überstanden haben und alle noch leben und spricht dann mit ihrem Chef ab, dass wir noch eine weitere Nacht auf dem Abschleppwagen stehen dürfen, der würde im Moment eh nicht gebraucht. Es stellt sich in unserem weiteren Gespräch heraus, dass ihr Vater aus Aachen kam und sie die Stadt mehrfach besuchte, so dass sie uns irgendwie gleich "adoptiert" hat :)

Wir lassen uns den Weg zum nächsten Supermarkt beschreiben und marschieren zu dritt dort hin, an der Schnellstraße entlang, Janko bleibt bei den Hunden im Wohnmobil. Ein Regenguß schafft es zwar, die Baguettes aufzuweichen, aber nicht, unsere wieder erwachte gute Stimmung abzutöten. Den regnerischen Tag verbringen wir mit verschiedenen Gesellschaftsspielen - endlich ist auch dafür mal Zeit - und damit, die Hunde zum Gassi vom Abschlepper runter- und anschließend wieder hochzuheben. Anschließend sind wir damit beschäftigt, Zecken aus unseren Hosenbeinen zu klopfen, die gibt's hier zuhauf, genauso wie Mücken. Die Hunde sind durch ihre Halsbänder geschützt, da versuchen's diese Plagegeister lieber bei uns. Aber egal... bald sind wir zuhause.

Nach einer weiteren schiefen Nacht mit wenig Schlaf und einem schnellen Frühstück bereiten wir im Wohnmobil alles vor, damit wir nach Ankunft unseres Ersatzwagens schnellstmöglich abfahren können. Die Hunde werden nochmal gut bewegt, sie spüren unsere Unruhe und sind etwas nervös, dafür schlafen sie später auf der Fahrt tief und fest und sind sehr brav. Gegen 11.45 Uhr am Mittwochmorgen verabschieden wir uns ohne Bedauern aus dem Industriegebiet von Agde und sausen in der luxuriös anmutenden Automatik-Caravelle los - nix wie nach Hause.

Hier ist nun erst einmal Erholung von den Strapazen angesagt; wie sehr diese Abschlußaktion uns zusätzlich gestresst hat, merken wir noch Tage später - die Luft ist einfach komplett raus...

 

Ich warte bange gespannt auf Ankunft unseres alten Möhrchens, in der Hoffnung, dass der Schaden reparabel und nicht unbezahlbar sein wird.

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Kommentare: 4
  • #1

    Anna (Samstag, 31 Oktober 2015 20:24)

    au weia... wat für ne story... Ihr Armen! So was erlebt nicht jeder...
    aber wer hat das tolle Bild gemalt? ist proficartoonmalerverdächtig!!

  • #2

    Ati + Fuzzy (Samstag, 31 Oktober 2015 20:58)

    Mon Dieu - dass ER Euch dieses hat erleben lassen, ist ungeheuerlich von ihm!! Neee, im Ernst, das klingt zwar absolut abenteuerlich, also auch irgendwie noch spannend, aber: Ich möchte nicht an Eurer Stelle gewesen sein, entschiedenermaßen!!!! Und, was habt Ihr daraus gelernt?? Übermorgen wieder los? Hm, bisschen Luxus und mal tief durchatmen tut auch mal gut, oder?
    Ja, wer war wohl der tolle Zeichner, Maler, Kartoonist?

  • #3

    regina lorbach (Samstag, 31 Oktober 2015 21:01)

    Oh liebe Anja was für Erlebnisse:-)hört sich etwas nach einem stressigen Abenteuer an was ihr da erlebt habt.
    Schöne Bilder aber:-)

  • #4

    Tina (Samstag, 31 Oktober 2015 21:25)

    Hey, ich drück euch die Daumen, dass das WoMo wieder schnell fitgemacht wird. Ich will doch auch nochmal damit fahren ;-)!
    Sonst eben auf dem Wasserweg von Kanal zu Kanal... Da müssen wir aber anfangen, Lotto zu spielen... Oder das WoMo wie die alte Emma (von Lukas dem Lokomotivführer) kalfatern und ein Boot draus machen.
    Gute Erholung und bis demnächst.