Stiefelabwärts - 3 Wochen Italien

Da wir mal wieder später als geplant von zuhause weg kamen, eines unserer chronischen Probleme, schafften wir es am ersten Tag auf deutschen Autobahnen bis kurz vor Karlsruhe, wo ich gut eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit von der Autobahn abfuhr, um ein geeignetes Übernachtungsplätzchen zu finden. Nach einigem Umherirren stellten wir uns schliesslich auf den Parkplatz eines Möbelhauses in einem Gewerbegebiet bei Waghäusel. Nicht besonders schön, aber zweckmässig, am nächsten Tag war durch Feiertag kein Kundenverkehr zu erwarten und Hundegassi war auch problemlos möglich. Jakob und ich stiefelten direkt los mit den beiden Fellnasen und versuchten, die Quelle des seltsamen Surrens zu identifizieren, das hoch über uns in den Kronen der Bäume zu hören war. Völlig verblüfft sahen wir Schwärme von Maikäfern, die sich wohl einen Platz für die Nachtruhe suchten. Maikäfer kennen wir höchstens noch aus "Max und Moritz", hier bei uns bekommt man nur ganz ganz selten einmal einen zu Gesicht. Umso toller, dass unsere Tour gleich so losging :)

Am nächsten Tag ging es weiter bis in den Allgäu, wir staunten nicht schlecht: Schneeberge... In diesem Winter hatten wir zuhause überhaupt keinen Schnee zu sehen bekommen und hier strahlten die weissen Gipfel mit der Sonne um die Wette. Eindrucksvoll.

Kurz vor der Grenze nach Österreich übernachteten wir auf dem Parkplatz eines Sportplatzes am Rande eines Dörfchens und hatten gleich ein aufregendes Wendemanöver auf einem Bauernhof, in dessen Einfahrt ich irrtümlich abgebogen war. Ich entschuldigte mich aus dem Fahrerfenster hinaus bei den Bewohnern, die so etwas aber wohl schon gewohnt waren und uns freundlich den Weg zum Sportplatz wiesen. Nach dem Abendessen hatten Mia und Jakob den Sportplatz komplett für sich und kickten derart intensiv, dass sie noch tagelang Muskelkater hatten :) Begleitet von echtem Allgäuer Kuhglockengebimmel schliefen wir ein, wurden allerdings am nächsten Morgen früh geweckt von rangierenden Lastwagen, die Container rings um unser Wohnmobil herum absetzten. Na gut, idyllischer Abend, betriebsamer Morgen... Wir brachen bald auf, denn wir wollten heute die Alpenüberquerung schaffen, hielten für Wasserver- und Entsorgung noch kurz auf einem Stellplatz, wo wir sofort vom Besitzer eines ebensoalten Fiat Tabbert angesprochen wurden, der in den höchsten Tönen von seinem WoMo schwärmte ;) und auf dem Weg an die deutsche Küste war.

Einen Tag lang durch Bergwelt fahren, erst Alpen, dann Dolomiten - Felswände, Schneegipfel, Pässe, Serpentinen, der Inn - ich fand das unglaublich beeindruckend. Rast am Reschensee, etwas essen und Beine vertreten für Hund und Mensch und den Kirchturm des bei Stauseefüllung gefluteten Dorfes Alt-Graun bestaunen.

Jakob hatte schon gegen Nachmittag die Berge satt, aber wir benötigten mit unserem Oldie-Mobil nun mal den kompletten Tag für die Gebirgsquerung. Immerhin sind wir an diesem Tag in Deutschland aufgewacht, haben in Österreich zu Mittag gegessen und sind in Italien eingeschlafen :) .

Wir schafften es am Abend noch bis nach Carpi, nördlich von Modena, wo wir auf einem großen kostenlosen Parkplatz am Rande der Stadt mit Ver- und Entsorgung für's Wohnmobil übernachteten. Abends hatten die Kids noch den Spaß, auf einer Kirmes direkt nebenan herumlaufen zu können und am nächsten Morgen besuchten wir das Schwimmbad am anderen Ende des Platzes. Das war mit 7 EUR Eintritt/Person teuer und für die Kids nicht ganz so toll, so ganz ohne Sprungtürme, aber da wir (noch) keine Dusche im WoMo nutzen können, war das eine gute Gelegenheit zur Erfrischung. Da das Wohnmobil anschliessend, als wir wieder losfahren wollten, Mucken machte, die ich schon vom Tag zuvor auf den Pässen kannte, entschlossen wir uns, bis montags dort zu bleiben, um dann eine Werkstatt aufsuchen zu können. Ich setzte das Wohnmobil an diesem und am folgenden Tag zweimal um, um den wandernden Schatten der Bäume nutzen zu können, denn es war sonnig und richtig warm. Tagsüber war der Parkplatz ziemlich wenig frequentiert, aber abends ging's so richtig los, da kamen die Kirmesbesucher, erst die jungen Familien mit kleineren Kindern und bei Anbruch der Dunkelheit dann die Jugendlichen. Nicht ganz leise, das Ganze, aber ganz interessant für die Kids, die häufiger mal raus gingen, "Leute gucken". Leider waren die Bäume gerade in ihrer Pollenabwurfphase, was Jakob mit seiner Allergie ganz schön zusetzte (und ich Doof dachte, ich hätte Allergietabletten dabei, aber es war genau nur noch eine einzige in der Packung...). Blöd für die Nase, aber  schön anzuschauen irgendwie...

Trotz Schniefnase machten wir uns sonntags mal zu Fuß auf den Weg in die Stadt (nachdem ich die völlig desinteressierten Kinder, die wohl schon im Strand-Modus waren, überredete hatte), Jakob bekam endlich sein erstes italienisches Eis (und meinte, zuhause gäbe es aber besseres ;) ). Hunde und Kinder waren dann nach gut zwei Stunden Stadtbummel durch Hitze extrem froh, endlich wieder im Wohnmobil lümmeln zu können.

Montags tauschte die Werkstatt für uns den Dieselfilter aus und säuberte sämtliche Zuleitungen und Ventile, so dass wir spätnachmittags endlich weiterfahren konnten. Jetzt aber nix wie an den Strand!!! Unser Übernachtungsplatz am Lido di Classe südöstlich von Ravenna war superschön leer, ein großer Wiesenparkplatz, den wir ganz für uns alleine hatten und für ausgiebige Strandspaziergänge, Muschelsammeln, gestrandete Meerestiere bestaunen, Strandkunst, erste Meerbäder und die Entdeckung der wunderschönen Küsten-Pineta mit Vogelgezwitscher und soooo aromatischem Harzgeruch nutzten. Dieser Geruch ist für mich immer ein absoluter Glücksmoment. Die Hunde konnten nach Herzenslust am Strand toben, Noly schloß erste freudige Bekanntschaft mit Wellen, die beiden drehten Runde um Runde im Sand und strahlten anschließend glücklich hechelnd um die Wette. Das alles ist natürlich nur in der Nebensaison möglich, im Sommer ist es dort bestimmt gut gefüllt. Der Ort an sich wirkte echt ausgestorben, fleissig wurde an Ferienhäuschen noch gewerkelt und am Strand die Strandabschnitte auf den Touristenansturm vorbereitet. Den Hochsommer brauche ich dort nicht, aber im Mai ist es echt klasse!

Nach zwei schönen Tagen dort mussten wir weiter, da wir uns um Ver- und Entsorgung kümmern mussten, was man in Italien aber problemlos auf der Autobahn erledigen kann. Zumindest Abwasser entsorgen kann man dort fast an jeder Raststätte und Frischwasserbrunnen gibt es auf dem Land in großer Anzahl. Wir sausten weiter in den Süden, an Ancona vorbei bis nach Rocca S. Giovanni, etwas südlich von Pescara, weil dort im Wohnmobilführer ein Parkplatz direkt am Meer mit Pizzeria samt warmer Dusche verzeichnet war. "Eis" und "Pizza", das waren ganz klischeehaft die beiden Bedingungen, die Jakob an die Fahrt nach Italien gestellt hatte, beides fand er letztendlich nicht so gut wie zuhause :) , aber vielleicht hatten wir in der Auswahl unserer "Lokalitäten" auch nur etwas Pech...

Naja, die angekündigte Pizzeria war jedenfalls noch geschlossen, somit gab es auch keine warme Dusche für uns :( . Der Kieselstrand war wenig besucht und so ganz genau richtig für uns, lediglich ein älteres Pärchen mit kleinem Pudel angelte tagsüber für ein paar Stunden. Mia stand abends noch lange versonnen auf der Steinmole und liess sich von den Wellen umgischten.

Und dies war unser Stellplatz mit "Privat-Dusche" :) Denn das Schicksal meinte es gut mit uns - eine Dusche sollten wir doch haben, auch wenn's mit der Pizza nicht geklappt hatte. Nachts beschien eine Laterne die Szenerie und im Hintergrund führte eine erhöhte Straße entlang, so dass wir uns zuerst ein wenig zierten, dann aber doch der Reihe nach flugs eine kalte Dusche nahmen.

Der nächste Tag begann mit heftigen Regenschauern, so dass der kleine Zufluss, der rechts neben unserem Wohnmobil durch den Brückenbogen ins Meer führt, ganz schön anschwoll. Nach dem obligatorischen (aber flotten, denn es schüttete!) Hundespaziergang und Frühstück schauten wir uns daher erstmal einen Film an, bis der Himmel schließlich aufklarte und wir an den Strand konnten. Nachmittags fuhren wir weiter in Richtung eines Naturschutzgebietes "Punta Aderci", wo aber alle drei im Wohnmobilführer ausgewiesenen Stellplätze nichts für uns waren, wir beim Versuch, das Naturschutzgebiet zu finden von einigen wild kläffenden Hofhunden verjagt wurden und nach einem Not-Gassi auf's Gas drückten und kurz nach Einbruch der Dunkelheit auf einem großen ruhigen mit kleinen Palmen bepflanzten asphaltierten Strandparkplatz in  Petacciato Marina zwischen Vasto und Termoli landeten. Es standen dort schon einige Wohnmobile, der Strand allerdings war für Hunde ausdrücklich untersagt und auf den ersten Metern auch sehr vermüllt. Trotzdem sind wir am nächsten Morgen ein bisschen dort entlang gelaufen, im Hinterland der Küste gabe es wieder den Pinienstreifen, die Pineta, und vorgelagert ein Schilfgebiet, das eine Art Vogelschutzgebiet zu sein schien. Wir haben aus dem Beobachtungshäuschen allerdings nur Frösche und Eidechsen sehen können. Auch schön :)

Auch Kurioses gab es dort am Strand zu sehen - ein Tief-Sitz:

Für die Weiterfahrt entschieden wir uns für die Landstraße statt der Autobahn, die Perspektiven sind ja doch immer verschieden. Wir fuhren vorbei am Lago di Lesina, den Gargano, also den Stiefelsporn wollten wir auslassen, um endlich nach Apulien zu kommen. Kurz vor Foggia und noch bis dahinter sahen wir in allen Einbuchtungen an der Straße leichtbekleidete, oft noch sehr, sehr jung wirkende Mädels sitzen und mussten uns doch auch fragen, ob das wirklich so einträglich sein kann, in brütender Sonne an der staubigen Landstraße auszuharren bis mal ein "Kunde" vorbeischaut. Wir sahen allerdings hauptsächlich Bauern auf Traktoren vorbeituckern. Schlimm, dass diese jungen Frauen anscheinend keine andere Möglichkeit  für ihr Leben sehen.

An diesem Tag sahen wir auch viele überfahrene Hunde und Katzen an der Straße liegen, so wie ich das bisher nur aus Griechenland kannte. Das war jedes Mal ein Schreckmoment, und dann wurde unwillkürlich nach hinten getastet, wo sich sogleich vertrauensvoll ein warmes Hundeköpfchen in die Hand schmiegte...

Je weiter wir nach Süden kamen, desto zugemüllter waren die Straßen, fast jede Nothaltebucht wurde als wilde Müllkippe genutzt. Insgesamt ein Tag, der einen ganz schrägen Eindruck bei uns hinterließ. Mia fragte ganz ungläubig: "Mama, hier kommen Leute hin zum Urlaubmachen? Ich würde doch nicht auf 'ner Müllkippe Urlaub machen wollen..."

Nachträglich betrachtet passte unser Schlafplatz an einer Küstenstraße bei Barletta irgendwie richtig gut zu diesem Tag - der Strand war ganz schmal, dann kam ein Mäuerchen, das an vielen Stellen heruntergebrochen war, ein paar Treppenstufen hinab wurden von wackelig aufeinandergestapelten Ziegelsteinen gestützt, ein Bürgersteig plus 30er Straße, auf der tagsüber viele Menschen joggten und Rad fuhren und nachts sich die Jugendlichen irgendwelche Auto- und Motorradrennen lieferten (das ging arg auf die Schlafqualität, die bei uns allen im WoMo ohnehin zu wünschen übrig lässt). Hinter der Straße schloss sich ein Streifen mit vielen ärmlich aussehenden Schrebergärten an, hier versuchte anscheinend die Vorstadtbevölkerung, einen Teil der Familienernährung zu erwirtschaften. Hier sind wir am nächsten Morgen schnell losgefahren, noch nicht mal auf Frühstück hatten wir Lust.

 

Unser nächster Schlafplatz am Torre Incine, nördlich von Monopoli, war wieder viiiiiel malerischer, allerdings war auch hier die Schlafqualität nicht so besonders, da die halbe Nacht ein reger Autoverkehr herrschte, es scheint dort so eine Art nächtlicher Männertreffpunkt zu sein. Aber die Umgebung war schön:

Wir fuhren weiter nach Monopoli, um unsere Vorräte aufzustocken und konnten wieder auf einem großen Parkplatz direkt am Meer übernachten. Unsere Parkplätze in Italien waren häufig so vermüllt, dass man beim Ausstieg aus dem Mobil gleich auf Plastikschrott, Kondom & Co traf und auf die Hundepfoten immer gut acht geben musste wegen Flaschenscherben. Die Kinder fanden aber die einzige kleine Sandbucht an der Felsenküste und machten es sich gemütlich ;)

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Kommentare: 1
  • #1

    Christine Prange (Sonntag, 03 Juli 2016 21:20)

    TOLLE FOTOS!! Ich verfolge eure Berichte gespannt und freue mich immer auf neue Infos. Ihr seid echt mutig. Ob wir es auch einmal soweit schaffen? Liebe Grüße