Nordfranzösische Küste im März

Nachdem wir Ende letzten Jahres endlich neue (Allwetter-)Reifen für unser Instabil bekommen haben, diverse Male in Werkstätten "zu Besuch"  waren und Ende Februar mit vereinten Kräften (und einer Reparatur am Bremssystem) tatsächlich noch einmal den TÜV für 2 Jahre abstauben konnten, hieß es Mitte März: 1. Tour 2017!!!!!!!! Juhuuu!

Und dann entdeckte ich beim Bettenmachen den Wasserschaden im Alkoven ...

So ein Mist, die vordere Matratze war naß und in beiden Ecken des Bettrahmens hing Schimmel. Also Pläne gestoppt und erstmal alles auseinander genommen. Das Frontfenster abgedichtet, die Matratze entsorgt, alles getrocknet, gegen Schimmel behandelt, durchgelüftet.

Und dann sind wir doch noch los gekommen.

Nachdem ich erst ewig lange überlegt hatte, wohin es gehen sollte - mir war nach Sonne und Wärme zumute, hat uns die verkürzte Reisezeit durch die Aktion oben dann spontan nach Nordfrankreich geführt. Und zwar an die Küste, denn wenn schon nicht unbedingt in die Wärme, so wollte ich wenigstens ans Meer. So zum Durchpusten und Seele baumeln lassen.

Nach einer sehr intensiven dreitägigen Hypnotherapie in der Woche vorher war das genau das Richtige. Diesmal fuhr von den Kids nur Jakob mit, denn Mia machte gerade ein Praktikum im Bereich Webdesign und hat seit Mitte Januar Besuch  und Janko hat inzwischen eine Grundausbildung beim THW begonnen und hat alle zwei Wochen einen Ausbildungsabend, ausserdem stand die theoretische Führerscheinprüfung an (inzwischen bestanden - Jippie!). Jakob hatte aber trotzdem Lust, zu fahren, ich auch, die Hundis ebenfalls.

Also WoMo fertig gepackt, Hunde und Kind geschnappt und los.

 

Wir kommen abends nach 5 Stunden Fahrzeit kurz vor der Dämmerung auf einem Wohnmobilstellplatz an der Steilküste in Équihan-Plage an. Da ich orientierungstechnisch nun komplett auf mich allein gestellt bin (jeder, der mich kennt, weiss, dass das die ultimative Katastrophe bedeutet), habe ich mich vorbereitet und diesen Tipp in einem Forum gefunden. So total offiziell, mit Schranke, Gebühren und Automat und so, aber egal, es sollen einfach entspannte Tage werden und keine nervenaufreibende Suche nach freien Stellplatzmöglichkeiten. Also eingecheckt, es sind noch reichlich Plätze frei, aber auch ein paar französische und belgische Wohnmobile dort, alles neue blitzweiß-edelgraue Gefährte und unser häßlich-cremefarbenes (uraltes) Entlein fällt auf. Und dann müssen wir die Hunde erlösen, die haben die Fahrt brav mitgemacht, aber jetzt müssen sie wirklich dringend raus. Also los und den Strand suchen. Wir haben Glück, es ist Ebbe - nach einer steilen Holztreppe, die von einer Gruppe kerniger Franzosen jetzt am Feierabend anscheinend dazu genutzt wird, ein kleines Training an Höhenmetern zu absolvieren, erwartet uns ein riesiger, hunde- und menschenleerer Strand. Die Hunde stieben sofort begeistert umher und auch Jakob und ich können unser Glück kaum fassen. Einfach wunderschön und wir legen uns strahlend gegenseitig den Arm um die Schultern und genießen, was für ein grandioses Glück wir haben, so etwas einfach so erleben zu dürfen.

 

Der Strand ist so schön, dass wir drei Nächte dort bleiben, und somit unsere Normandie-Tour direkt am Anfang stark verkürzen. Aber egal, es soll ja in erster Linie eine entspannte Tour werden, wir kennen ohnehin noch gar nix hier und bleiben einfach da, wo es sich gut anfühlt.

Der zweite Tag ist gleich stürmisch-grau und etwas verregnet. Macht nix, in Regenpausen kann man trotzdem wunderbar am Strand entlangspazieren, bei 10 Grad barfuß über den festen kühlen Sand. Fühlt sich super an und anschließend gibt' s 'nen schönen warmen Tee im Wohnmobil. Ich hatte vor der Fahrt so meine Zweifel, wie das wäre mit dem Heizen, ob das bei unserer doch relativ maroden Technik gut ginge. War dann sehr erleichtert, dass die kleine Gasheizung - mitunter nach Anlaufschwierigkeiten - alles doch innerhalb von 20 Minuten echt warm aufheizt und das auch für einige Stunden anhält. Der Kühlschrank funktioniert dagegen trotz zweimaliger "Reparatur" weiterhin nicht, aber das ist eher ein Problem im Sommer (und auch da sind wir bisher ohne einigermaßen klargekommen). Unter meinem eigens abgedichteten Fenster steht eine Wanne, weil's bei Regen immer noch reintropft. Na, egal jetzt, muss ich zu Hause nochmal ran.

 

Nach drei Nächten fahren wir weiter nach Le Tréport, einer kleinen Küstenstadt an weißen Kreideklippen. Es ist gar nicht so einfach, das Wohnmobil bei starkem Seitenwind auf Spur zu halten, fahren wir einfach etwas langsamer. Der Stellplatz liegt ganz oben, wir merken es nachts und müssen ein im heftigen Wind pfeifendes Fenster abdichten. Das Liegegefühl im Wohnmobil ist bei solchem Wind ein bisschen wie Hängematte - auch mal schön :) . Die Hundespaziermöglichkeiten sind nach den tollen Stranderfahrungen etwas mau, deshalb bleiben wir auch nur eine Nacht hier.

Für uns Zweibeiner toll ist aber, dass ein kostenloser Kabinenaufzug in der Nähe des Stellplatzes durch die Klippen hinunter in die Stadt und ans Meer führt. Das testen wir direkt einmal. Aber ohne Hunde, Noly kriegt ja Panik, wenn es etwas näher an die Zivilisation rangeht, also bewachen die beiden während unserer Abwesenheit das WoMo. Jakob, den die Stadt so gar nicht interessiert, fährt aber soooo gerne Klippenaufzug, so dass wir ein paarmal hoch und runter fahren. Cool!!!

Leider haben wir nur die Video-Cam dabei, deren Fotoqualität mehr als unterirdisch ist, das kommt beim grauen Normandiewetter besonders schön zur Geltung ...

 

Am nächsten Tag fahren wir weiter nach Veules-les-Roses mit einem kostenlosen Wohnmobilstellplatz auf einer Wiese hoch oben auf den Klippen. Der Ort ist ganz niedlich, was mir allerdings eher am alleräußersten Rande auffällt, als unser Navi mich in enge Sackgassen, Einbahnstraßen und auf den Kirchvorplatz führt. Mit Jakobs Hilfe gelingt mir ein zentimetergenaues Wendemanöver und dann müssen wir erst mal schauen, wie wir aus dem Ortskern wieder hinausfinden. Es klappt irgendwie und wir finden endlich den (ausgeschilderten) Stellplatz. Puh! Schweißausbruch! Solche Situationen lassen mir büschelweise graue Haare wachsen. Wir gehen mit den Hunden spazieren und später erkunden wir das Dörfchen. Echt ganz niedlich. Die Veules ist mit etwas über 1 km der kürzeste Fluß Frankreichs, der ins Meer mündet und es gibt an ihrem Verlaufe einige malerische Fleckchen zu bewundern. Auch die Häuser gefallen uns gut, man hat hier im Mauerwerk Verzierungen aus den Flintsteinen, die überall in den weissen Kreidefelsen eingeschlossen sind, geschaffen, sehr adrett! Jakob gefällt die Mündung der Veules, die ist zwar von Beton eingefasst, also nicht sehr hübsch, dafür kann er dort einen guten Parcours-Run hinlegen. Und gleich noch einen. Und geht später am Tag extra nochmal alleine hin, um das noch ein paarmal zu machen.

Am nächsten Nachmittag fahren wir weiter nach Étretat, wo allerdings der Akku der Cam leer ist, deshalb gibt's vom spektakulären "Elefantenfelsen" keine Bilder. Wir steuern den offiziellen Stellplatz an, da die Stadt wohl drastische Strafen verhängt, wenn man mit dem WoMo Richtung Meer fährt. Und mir steht ohnehin der Sinn mal gerade nicht nach Einbahnsträßchen, Sackgassen, tiefhängenden Balkonen & Co. So haben wir einen guten Kilometer an der Durchgangsstraßen zu laufen, um zum Meer zu gelangen, Jakob hat dazu am Abend keine Lust mehr und so marschiere ich da mit den Hunden - Noly allerdings recht panisch und vorsichtshalber im Sicherheitsgeschirr - allein hin und genieße einen wunderbaren Sonnenuntergang mit malerischem Anblick von Felsbögen und davor aktiven Wellenreitern. Am folgenden Tag gehe ich zusammen mit Jakob, die Hunde bleiben allerdings im WoMo, denn für Nolys Nerven ist sowas echt "too much" und besonders hundefreundlich ist der sehr touristische Strandpromenadenbereich eh nicht. Über ein Verbot, (wahrscheinlich aufgeschüttete) Steine vom Strand mitzunehmen, lachen wir uns kaputt. Aber naja, wenn jeder Tourist da ein paar schöne Steine findet, ist deren wahrscheinlich teuer bezahlte natürliche Strandbefestigung wohl schneller, als man "futsch" sagen kann, zur Gänze in Sammlertaschen verschwunden. Der Tag ist wettertechnisch ziemlich durchwachsen, so flüchten wir vor einem Regenguss in das Touristenlokal eines Hotels und gönnen uns eine Pizza (so wegen "echt französisch" und so :) - richtig echt französisch ist aber das fast noch rohe Ei, das in der Mitte von Jakobs Pizza Orientale schwabbelig thront - brrrr!). Mit dem offiziellen Stellplatz haben wir riesig Glück, da ist gerade die Technik kaputt und so kostet uns die Übernachtung überhaupt nix. Wir bleiben auch noch eine zweite Nacht, da mich in den letzten Tagen die Erkältung, die ich von Jakob übernommen habe, doch ziemlich geplättet hat, und ich mich nach unserem Ausflug und dem daran unvermeidlich anschließenden Hundegang nicht mehr unbedingt so fit fühle, noch weiter zu fahren.

 

Am nächsten Tag geht's dann aber weiter, wir drehen nun schon wieder um in Richtung Osten und fahren diesmal nach Sotteville-sur-Mer. Der Ort ist nicht weiter sehenswert, die Schokocroissants aus der Bäckerei aber sehr lecker, und am Meer gibt's einen Wanderparkplatz, wo wir problemlos für zwei Nächte frei stehen. Wieder gibt es eine Steiltreppe durch die Klippen hinab zum Strand und dieser ist so bezaubernd mit interessanten Felsformationen, menschenleer, bei Ebbe riesig breit, dass wir mal wieder einfach nur happy sind. Genuß pur für Mensch und Hund. Von anderen WoMo-Fahrern hören wir, dass es in der Hauptsaison allerdings stets sehr voll sei, das glaube ich unbesehen übrigens für sämtliche Stellen unserer Tour. Aber jetzt im März genau unser Ding! Wie gut, dass wir nicht in der Hauptsaison unterwegs sein müssen! :)

 

 

Und neben Action am Strand gibt's auch so viele zauberhafte stille Schönheit dass man einfach nur staunen kann. Da gibt es Sandbäume, Feenhaar, Strandtrolle, das Ohr des Poseidon und so vieles Meer :)

Wir fahren weiter Richtung Osten, halten kurz in Yport, haben aber dann doch keine Lust, uns den Ort anzuschauen, die Parkplatzsituation ist auch nicht so dolle, fahren nach Criel-Plage, dessen häßlicher Strand uns aber überhaupt nicht gefällt, der anvisierte Stellplatz existiert auch gar nicht mehr, und so verschlägt es uns für die letzten beiden Nächte unserer Tour einfach wieder nach Équihan-Plage, auf unseren ersten Stellplatz. Es ist Samstag, tolles Wetter und so haben wir ein Riesenglück, als wir gegen 18 Uhr noch den letzten freien Stellplatz erwischen. Der Rest des Geländes steht rappelvoll, das ist ein etwas anderes Gefühl als beim ersten Mal. Na, aber der Strand ist nach wie vor wunderschön und um unsere Spaziergehzeiten auch fast menschenleer.

So hatten wir insgesamt eine echt tolle, sehr entspannte Tour. 11 Tage mit viel Zeit zum Schreiben, Lesen, für Strandspaziergänge, Filme schauen, spielen - einfach chillen und die Seele baumeln lassen ...

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Kommentare: 2
  • #1

    Annette (Ati) (Samstag, 08 April 2017 17:41)

    Wie toll sich das alles anhört, die Erlebnisse von Eurer Tour!! Na, vielleicht werden wir im Sommer das eine oder andere Eurer Ziele auch sehen! Bin sehr gespannt!
    So klein sie auch ist, die Veules, sie darf sich auch nur deshalb "fleuve" nennen, weil sie direkt ins Meer geht - sonst wäre sie natürlich eine "rivière" (soviel für die neue Französisch-Liebhaberin!).
    Also, Blog-Eintrag ist wieder mal top, und die Bilder gefallen mir auch sehr trotz gewisser Kamera-Mängel! Und wann geht es wieder los??

  • #2

    #feelfreetobefree (Samstag, 08 April 2017 18:03)

    Danke für die sprachfeinheitliche Aufklärung und lieben Gruß nach Frankreich! Wieder los geht's Mitte April. Und Mai. Und Juni. Und ... mal sehen :)